Heute hab ich leider eine Absage für meine Freakstock-Workshop erhalten. Ich wollt ja ne Runde über Email-Verschlüsselung und Tor reden.
Ich war mir schon bewußt, daß ich keine großen Chance habe genommen zu werden. Vertraulichkeit und Datenschutz sind nun mal keine christlichen Themen. Und viele Leute sind auf dem Gebiet absolute Laien.
Aber grade wenn man sich Transparenz auf die Fahnen geschrieben hat und die Welt via Blog an seinem Leben teilhaben lässt, sollte man trotzdem über einige Fähigkeiten in Sachen Verschlüsselung und Anonymisierung verfügen.

“Warum,” werdet ihr fragen,” ich hab doch nichts zu verbergen?” Dazu möchte ich mal kurz ne kleine Geschichte erzählen. Kurz nach der Lehre, in den ersten 3 Monaten Arbeit hab ich bei einem älteren Ehepaar zu Untermiete gewohnt. Ich hatte das ausgebaute Dachgeschoss für mich alleine. Allerdings hatte diese 1-Zimmer-Küche-Bad-Wohnung keinen eigenen Eingang. So musste ich immer durch das Haus. Und meine Vermieterin hatte ein sehr spitzes Ohr. Sie hörte wann ich kam und wann ich ging. Sie hörte wenn ich jemanden mitgebracht hatte, und wann ich welche Musik hörte. Nur blieb es nicht beim hören. Ab und zu kam sie auch hoch und schaute, natürlich zu den Zeiten wo ich nicht da war, nach, ob bei mir alles in Ordnung sei. Und ab und zu wieß sie mich daraufhin, wenn ihr etwas nicht gefiel.

Natürlich hatte ich nichts zu verbergen, ich hab nichts illegales gemacht trotzdem kotzte es mich an. Ich wollte schließlich Privatsphäre und nicht ständig mein Leben von der Dame begutachten lassen. Nach 3 Monaten bin ich dann ausgezogen.

Ich glaube seit diesem Punkt ist mir die Privatsphäre so wichtig. Jedenfalls, genau die gleichen Möglichkeiten aufs Internet übertragen hat euer Provider. Er kann sehen mit wem ihr chattet, er kann eure Mails lesen, sieht jede Webseite die ihr öffnet, und noch vieles mehr. Alles was nicht SSL-verschlüsselt ist kann er mitlesen. Wenn ihr direkt am Splitter hängt kann er auch euer Rechner durchsuchen, wenn die Netzwerkfreigaben falsch gesetzt sind. Falls ihr WLan verwendet kann jeder in Reichweite sich in dem Netzäquivalent eurer Wohnung umschauen. (Die wenigsten beherrschen es Wlan sicher zu konfigurieren.)
Und das schlimmste ist, trotz dieser immensen Gefährdung der Privatsphäre interessiert es niemanden. Denn man sieht es ja nicht. Die Nachbarn tuscheln auch nicht. (Na ja, wenn das Wlan offen ist vielleicht doch.) Man bekommt halt nichts davon mit.
Aber kurz gefragt: Würdet ihr euch in so einem Mietverhältnis wohlfühlen? Wenn nicht dann tut was dagegen. Nutzt gpg und jap. Setzt Tor-Server auf und chattet im Silc. Lest im Freenet und im i2p.

Denn erst wenn der letzte öffentliche Platz mit Kameras bestückt, der letzte Provider ans Polizeiüberwachungsnetz angeschlossen und das letzte Kleidungsstück mit RFID-Chip ausgerüstet ist, werdet ihr feststellen das der Innenminister gar keine Terroristen fangen wollte.

P.S: Auch meine Google-Werbung ist nicht ganz ohne.